Wenn das Hatternweible erscheint und den Weg zeigt. Wenn man in den Ortschaften um den Buchwald, ob in Haslach, Engelitz, Rembrechts, Schattbuch oder Amtzell vom Hatternweible spricht, zucken nur manche mit den Schultern. Alteingesessene aber schmunzeln. Fast jeder kann eine Geschichte um dieses alte, bucklige Kräuterweible, dem Waldgeist des Hatternholzes im Buchwald, erzählen. Und kaum eine Erzählung deckt sich mit derjenigen, die der Nachbar zu berichten weiß.
Wer im Buchwald bei Haslach spazieren -geht dem kann es passieren, dass er an einem fast zwei Meter hohen Bildstöckchen vorbeikommt. Es steht unter hoher Tanne, ist aus Holz, vor einigen Jahren erneuert, stets gut gepflegt und beherbergt in einer Nische eine hölzerne Pieta in bunter Fassung.
Es tauchte vor Holzfällern, Beerensuchern, Tannenzapfensammlern und anderen Waldgängern wie ein Geist auf und verschwand wieder im Wald. Niemand wußte woher das “Hatternweible“ kam und wohin es ging. Es war weder aus Haslach, noch Engelitz, Rembrechts, Schattbuch oder Amtzell. Einmal soll sich, so berichtet ein Bauer, ein Waldspaziergänger im Buchwald verirrt haben. Er setzte sich ermattet nieder und plötzlich stand das Hatternweible neben ihm und wies schweigend den Weg. Zum Dank habe der Mann dieses Bildstöckchen errichtet. Eine Bäuerin erzählt, dass ein Holzfäller unter eine fallende Tanne geraten sei, jedoch vom Hatternweible auf wundersame Weise gerettet wurde. Eine dritte Version erzählt von einem Pfarrer, der sich mit einem Mädchen eingelassen habe, auf einem Spaziergang im Hatternholz jedoch von einem Kräuterweible an sein sündiges Verhalten erinnert wurde, worauf er bereut und das Bildstöckchen gesetzt habe.
Mehrere Erzählungen gehen dahin, dass das Hatterweible deshalb immer wieder im Hatternholz aufgetaucht sei, weil es die Not vom Gewissen geplagter Menschen der schmerzhaften Mutter Gottes vorgetragen habe. Allerdings gibt es keine klare Aussage über die Herkunft des Bildstöckchens und die Geschichte des Hatternweibles.
Eines ist sicher: Das Hatternweible war bereits im vorherigen Jahrhundert im Gespräch, denn eine Frau erzählt, dass schon ihr Großvater beim Vorübergehen im Hatterholz einen Schweißausbruch erlitten und mit “Hennenhaut“ von dieser unheimlichen Stelle berichtet habe.
Ein älterer Mann weiß wiederum von den verschmitzten Taten seines Vaters, der als Amtzeller nach Haslach zum Tanzen gegangen ist. Wenn er dann bei Nacht mit einem Mädchen den Rückweg nach Amtzell antrat, wählte er die Strecke durchs Hatternholz, wo dann das Mädchen vor Angst so richtig an ihn geschlupft ist, was damals beim Tanzen noch nicht so üblich und erlaubt war. Einige Frauen wissen übereinstimmend, dass die früheren Beerensucherinnen das Hatternholz immer gemieden hätten, um nicht dem Hatternweible zu begegnen, denn dieses habe Menschen, die kein reines Gewissen hatten, in Verwirrung gebracht, so dass sie nicht mehr aus dem Wald gefunden hätten. Auch habe man in der Schule in Haslach oder Amtzell gelegentlich die Mahnung des Lehrers gehört: “Wenn Du nicht aufpasst und lernst, wird Dir das Hatterweible begegnen oder ähnliche Drohungen.
Nun, sei es wie es will: Das Hatternweible wird weiterhin im Gespräch sein und womöglich noch so manchen Waldbesucher im Hatternholz ins Gewissen reden oder ins Schaudern bringen. Und manch einer wird auch bei der Mutter Gottes am Bildstöckchen verweilen und eine kleine Andacht einlegen.